Wie gut funktioniert ein Internetbrowser, wenn 5.210 Seiten gleichzeitig geöffnet sind? Wie schnell ist ein Smartphone noch, wenn im Hintergrund 394 Apps geöffnet sind?
Die Antwort ist: Der Internetbrowser ist vermutlich schneller, wenn nur eine oder zwei Seiten gleichzeitig geöffnet sind und auch beim Smartphone ist es von Vorteil die Apps im Hintergrund regelmäßig zu schließen – der Akku wird es uns danken.
Was in der IT-Welt so logisch klingt, vergisst man oft im Umgang mit Jugendlichen. Jugendliche haben in ihrem Kopf 5.210 Seiten gleichzeitig offen. Ok, vielleicht sind es nicht genau 5.210 Seiten – allerdings ist es mindestens genauso energieraubend.
Die Entwicklung des Gehirns bei Jugendlichen erinnert an eine Großbaustelle!
In den letzten 15 Jahren hat die Neurowissenschaft unser Verständnis von der Entwicklung des Gehirns während des Erwachsenwerdens ausgiebig geprägt. Laut dem Gesetz ist man mit 18 Jahren volljährig und gilt in Österreich als Erwachsener. Heute wissen wir dank der Gehirnforschung, dass die Entwicklung unseres Gehirns nicht vor Mitte 20 abgeschlossen ist.
Man kann sich das so vorstellen:
Es ist bereits alles da – aber einzelne Bauabschnitte müssen erst die richtige Form bekommen, damit sie sich dann in das Bauwerk einfügen können. Dabei gibt es keinen fixen Bauplan, den einzelnen Bauabschnitte werden unterschiedlich schnell fertig.
Diese einzelnen Bauabschnitte sind Veränderungen auf biologischer, sozialer und individueller Ebene. Die Psychologie spricht hier von sogenannten Entwicklungsaufgaben. Auch wenn man die Großbaustelle im Gehirn der Jugendliche nicht sehen können, bekommt man sie hin und wieder zu spüren. Wie es auf Großbaustellen so ist, kann es sein, dass ein Bauabschnitt schneller fertig ist als der andere und dies führt zu Chaos. Das liegt daran, dass nicht alle Gehirnregionen gleich schnell reifen. Das Chaos bemerkt man immer dann, wenn Jugendliche ihre Gefühle stärker wahrnehmen/ausleben als Erwachsene dies üblicherweise machen.
Umso weiter fortgeschritten das Bauwerk ist, desto mehr Rechenleistung gibt es.
Das heißt: Die Lehrlinge bekommen erst im Laufe ihrer Lehrzeit die Geschwindigkeit der Hirn- und Denkprozesse wie ihre erwachsenen Ausbilder:innen.